Das Rettende in der Gefahr
Anerkennung und Wertschätzung des Lebens sind die Bedingungen für ein friedliches Leben in einer Gesellschaft, die, nicht zuletzt weil sie diesen Planeten aus seinem klimatischen Gleichgewicht bringt, immer mehr zu einer Weltgesellschaft zusammenwachsen müsste, jenseits einer ökonomisch-technologischen Globalisierung, die die Erde seit gut drei Jahrzehnten überzieht. Angesichts des gegenwärtigen Zustands der Welt, der geprägt wird von den Nachwirkungen einer unerwarteten Pandemie, dem Erstarken postfaschistischer Rechtspopulist:innen in mehreren Nationen, dem weiteren Anwachsen eines ökonomischen Ungleichgewichts, anhaltenden Migrations- und Flüchtlingsbewegungen, dem Angriffskrieg einer atomaren Großmacht auf ein unabhängiges europäisches Land und eines vermutlich nicht mehr aufzuhaltenden Klimawandels, stehen der Sinn der menschlichen Würde und Freiheit auf dem Spiel - nach wie vor elementare Leitgedanken eines humanitären Zusammenlebens. Wie schafft es die Menschheit, angefangen bei den Einzelnen, sich aus dieser Zwangslage zu befreien, deren Gründe in beträchtlichem Maß auch in ideologisch-technologischen Allmachtsfantasien und in konsumistischen Totalansprüchen zu suchen sind?
Notwendig dafür wird eine Veränderung des menschlichen Verhaltens gegenüber der Natur und Umwelt sowie gegenüber allen weiteren Lebewesen einschließlich sich selbst sein. Kann eine auf Vernunft begründete Tugendethik noch dabei helfen, aus dem Schlimmsten das Beste zu machen? Reicht ein differenziertes Verständnis der Aufklärung, wie zum Beispiel Kant sie verstanden hat, aus, um das in vielen Gesellschaften vorherrschende Klima der angstvollen Verwirrung und Polarisierung zu überwinden? Oder braucht es eine neue, radikale Aufklärung, ein neues revolutionäres Denken? Wie kann Philosophie, wie können dabei auch Religion und Literatur hilfreich sein, damit sich Menschen innerhalb eines Gemeinwesens wieder getragen von kollektiver Hoffnung in einer Gegenwart einrichten können, in der einmal errungene Freiheitsräume erhalten bleiben, vielleicht sogar neue Freiheitsvorstellungen entstehen, von denen ausgehend sie nicht ohnmächtig, sondern zuversichtlich in die Zukunft blicken können? In einer auf Hoffnung basierenden Antwort darauf wäre es notwendig, vor allem Begriffen wie Bildung, Schönheit und Verantwortung wieder die ihnen zustehende Bedeutung zuzuschreiben.
Mit Guillaume Paoli, Matthias Bortmuth und Hanno Sauer werden diese Gedanken weitergeführt.