
Die Welt zur Vernunft bringen
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Bach! Aber nicht (nur) Johann Sebastian: Viel zu wenig ist schließlich über die Frauen seiner Zeit bekannt. Seine älteste Tochter etwa schlage musikalisch "nicht schlimm ein". Mehr wissen wir nicht von ihr, doch aus diesem Halbsatz destilliert Angela Steidele einen Roman, der "selbst ein großes Oratorium geworden ist" (F.A.Z.). Dorothea Bach besingt darin eine ganze Epoche: Aufklärung ist Zeitporträt wie Ort für gewitzte Spekulationen, vielstimmige Hymne an die Musik und jene Schicksalsjahre, in denen es kurz möglich schien, Frauen und Männer könnten gemeinsam die Welt zur Vernunft bringen. An den Frauen scheiterte es nicht. Neben Dorothea und ihrer Stiefmutter Anna Magdalena Bach rückt vor allem Luise Gottsched ins Zentrum der Erzählung: Die Gattin des damaligen Literaturpapstes könnte u.a. den Text für das Weihnachtsoratorium geschrieben haben. Oder etwa nicht? Schelmisch hinterfragt sich die Handlung selbst, ganz im Sinne der Aufklärung - zu deren bedeutendsten Vertreter:innen auch Bach selbst zählt, der das Universum der Töne kartographiert und musikalische Abhandlungen komponiert hat.
Als langjährige Chorsängerin ist Angela Steidele eine versierte Kennerin von Bachs Musik und wird mit dem Chor des Bach-Vereins Köln, dessen Mitglied sie ist (Leitung: Christoph Siebert, Begleitung: Markus Brenk) und der zu den bedeutendsten Konzertchören im Rheinland zählt, einen besonderen Abend kreieren: Ihr Roman und Ausschnitte aus der h-Moll-Messe werden zu einer einmaligen Neukomposition verschmelzen. Im Kloster der Klänge zudem: So nennt sich die Abtei Marienmünster mit Fug und Recht. Die überwältigend gehegte Anlage bietet altehrwürdige Entdeckungen wie eine barocke Partitur und rahmt so den Blick in eine Vergangenheit, die plötzlich ganz gegenwärtig daherkommt. Oder, um es abermals mit der F.A.Z. zu sagen: "Jauchzet, frohlocket, auf, preiset dieses Buch"!
Mit Traudl Bünger und Tilman Strasser als neuem künstlerischen Leitungsduo und 22 Veranstaltungen im Gepäck zieht Wege durch das Land wieder durch Ostwestfalen-Lippe. Die Dramaturgie der Veranstaltungen ist stets eng mit dem Ort verknüpft und so werden die Historie und das Besondere eines jeden Ortes für einen Tag durch Literatur und Musik, durch Stimmen und Instrumente lebendig. Die großen Traditionen des Festivals werden fortgeführt: Ein Dreiklang aus Literatur, Musik und Ort. Es gibt ein Wiedersehen mit "Stammgästen" und liebgewonnenen Formaten, zugleich aber auch Neuerungen und Zuspitzungen.


