

Wolfram Frommlet: Johann Sebastian Bach geht über den Sambesi
Als Wolfram Frommlet als junger Mann mit den allerbesten Absichten aufbricht in ferne Länder nach Asien, aber vor allem nach Afrika, kommt alles anders als er denkt. Voll guter Absicht trägt er die kulturellen Werte aus dem Studium der Kulturwissenschaften und des Gesangs vor sich her, um diese in den so genannten Entwicklungsländern auch im Auftrag von deutschen Organisationen zu verkünden. Doch je länger er vor Ort Strukturen und Zusammenhänge erkennt, desto mehr kommt es zu Rissen, zu Brüchen - zu regelrechten Aufbrüchen: in Frommlet brodelt es - auch heute noch - angesichts der schreiend katastrophalen Ungerechtigkeit, die in den postkolonialen Regionen vorherrscht, wo Menschen und Systeme - auch heute noch - unter den Folgeschäden der Kolonialherrschaft leiden. Und nur Mozarts Klaviersonate No. 11 in A-Dur schafft es, seiner Traurigkeit darüber etwas entgegenzusetzen.
Aus diesen Aufbrüchen heraus verfasste Wolfram Frommlet sein neuestes Werk Johann Sebastian Bach geht über den Sambesi: Die deutsche Hochkultur, klassische Musik - scheinbar unumstößliche Werte. Die Brüche kommen mit der 68er Bewegung: Vietnam, die Entlarvung der verheimlichten Geschichte Europas: die Shoa, der Kolonialismus. Willy Brandts Kniefall im Warschauer Ghetto wird zur Motivation für Wolfram Frommlets "Kniefall" vor den Verbrechen Europas in den Kontinenten des Südens: den Entschluss, nach Afrika zu gehen, um dort ein Medienprojekt aufzubauen, Radio von unten, um denen eine Stimme zu geben, die keine haben: Frauen, der ländlichen Bevölkerung, den Armen, dem Reichtum afrikanischer Kulturen ein Forum zu verschaffen. Bach im Gepäck, Synonym für das Europa der Humanität, als Angebot gegen die Schatten Europas, die Frommlet ständig einholen: Er findet Schwarze, die lieber weiß, und Weiße, die lieber schwarz sein möchten, Helfer:innen, die nur sich selbst helfen wollen, Situationen, die ihm Gewaltfantasien bescheren.
Aus den Träumen von der postkolonialen Befreiung werden Alpträume, aus Utopien Zynismen, aus vorgeblichen Antworten Fragen. Fast 30 Jahre in Asien, in Afrika, oft gegen die Interessen der neuen - und alten - Eliten, von "Entwicklungshelfer:innen", deren Hilfe von oben herab für die vorgeblich Unterentwickelten fast immer zur Katastrophe wird. Kolonialismus, Neo-Kolonialismus, die Ausbeutung der Dritten durch die Erste Welt - wir kennen die Schlagworte, aber was Wolfram Frommlet vor Ort mit eigenen Augen sieht, ist leider oft noch schlimmer, als wir es uns vorgestellt hatten. Doch er findet auch afrikanische Alternativen, die nicht zu neuen Abhängigkeiten führen, Geschichten und Geschichte von unten, von weißen Elefanten, vom Licht und vom Dunkel, vom Tag und von der Nacht.
So lautet die Ankündigung zu Wolfram Frommlets neuestem Buch "Johann Sebastian Bach geht über den Sambesi". Frommlet bricht schon in jungen Jahren auf ins ferne Asien und Afrika. Aus dem dortigen reichen Erfahrungsschatz heraus, den er dort als Medien-Coach in verschiedenen Projekten sammelte, entstand unter anderem dieses Buch.
Wolfram Frommlet 1945 in Ravensburg geboren, studierte Kulturwissenschaften und Gesang in Tübingen und München. Regisseur & Dramaturg an Theatern in München und Kassel; Journalist, Autor & Regisseur im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk. 1978 - 2006 für Naumann-Stiftung, UNESCO, Deutsche Welle, Goethe Institute in Medien- und Kulturprojekten in Asien & Afrika. Herausgeber afrikanischer Literatur. Dozent an Hochschulen & Universitäten. Diverse Literatur- und Journalistenpreise.
Eine Veranstaltung von aufbrüche - literaturfestival [lila we:] 2025, gefördert von der LWL-Kulturstiftung im Rahmen des Kulturprogramms zum Jubiläumsjahr "1250 Jahre Westfalen". Schirmherr dieses Kulturprogramms ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Weitere Förderer des Festivals sind das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, der Sparkassenverband Westfalen-Lippe und die Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung.