Literaturtipp


Aufbrüche - Umbrüche
Edition Virgines, Düsseldorf 2025Den diesjährigen Aphorismenwettbewerb stellten wir unter das Motto "Aufbrüche - Umbrüche". Er steht im Zusammenhang mit dem Festival von literaturland westfalen "aufbrüche - literaturfestival [lila we:] 2025". Im Ausschreibungstext hieß es dazu: "Unser neuer Schreibwettbewerb (der insgesamt 8.) hat sich als leicht abgewandeltes Leitthema das Motto des Literaturfestivals des Netzwerks "literaturland westfalen" für das Jahr 2025 gewählt. Das Thema kann auf ganz unterschiedliche Weise verstanden werden, räumlich, zeitlich, inhaltlich. Unser Wettbewerb bezieht sich ausschließlich auf die kurze Gattung des Aphorismus. Gerade in Zeiten geistigen und sozialen Umbruchs gab es eine Blüte der aphoristischen Gattung, so nach 1900 in Österreich und in den 1960er und 1970er Jahren in Polen.
Glaubt man den Aussagen vieler Soziologen und Politiker, so leben wir gegenwärtig wieder in Umbruch- oder Wendezeiten. Steckt im "Umbruch" nicht alles, was wir unter heftigen, ja umwälzenden Veränderungen erleben? Denken wir bloß an die KI und all die anderen digitalen Fortschritte. Oder an die politischen Umbrüche, die uns zwingen, über Krieg und Frieden neu nachzudenken. Der Gattung des Aphorismus war und ist die Thematik der Brüche, Abbrüche, Umbrüche und Aufbrüche immer schon nicht fremd. [...]
Gehört das Bruchstückhafte, das Fragmentarische nicht schon etymologisch zum Aphorismus? Das reicht von den "Fragmenten" Heraklits, die nur bruchstückhaft überliefert sind, bis zu zeitgenössischen Autoren: "Jeder Umbruch führt zum Aufbruch der Wendehälse." (Fritz P. Rinnhofer); "Wir fürchten nichts so sehr wie die Aufbrüche der anderen." (Heimito Nollé)
Friedemann Spicker, geboren 1946, ist Literaturwissenschaftler und freier wissenschaftlicher Schriftsteller; er forscht seit Jahren über Aphoristik und hat mehrere Bücher zu diesem Thema vorgelegt.
Jürgen Wilbert, geb. 1945 in Düsseldorf, ist nach über 30 Jahren hauptamtlicher Tätigkeit im kommunalen Weiterbildungs- und Kulturbetrieb seit November 2007 nachberuflich freischaffend als Autor und Vortragender aktiv. Sein literarischer Schwerpunkt liegt auf der kürzesten und schlagfertigsten Prosagattung, dem Aphorismus. Für ihn sind Aphorismen Stolpersteine für landläufige Meinungen. Er ist auch Initiator der europaweit einzigartigen Internationalen Aphoristikertreffen, die seit 2004 alle zwei Jahre in Hattingen stattfinden. 2005 hat sich der Förderverein Deutsches Aphorismus-Archiv (DAphA) gegründet, dessen Vorsitzender er seit 2008 ist. Hauptziel ist es, die Gattung des Aphorismus, die im offiziellen Literaturbetrieb meist zu kurz kommt, durch Sammlung, Forschung und Verbreitung zu fördern. Dazu zählen auch Aphorismen-Wettbewerbe, Lesungen und Seminare in Schulen.