Literaturtipp
Lesebuch
Bielefeld: Aisthesis Verlag 2022Kann der Austausch eines Buchstabens, eigentlich nur der Wechsel in der Tonhöhe eines Vokals (von "ü" auf "i") bewirken, dass die Welt einem auf einmal in ein anderes Licht getaucht erscheint?… - Die Zauberei ist zu besichtigen in Nächste Leerung, einem frühen Gedicht Thomas Kades, in dem es heißt: "Alle Geheimnisse sind geliftet, / die Welt endlich ohne Falten." [...] Alltags-Wörter, abgeschliffene Redewendungen (ver-)drehend, mitunter literarische Vorgaben (etwa Brechts Die Liebenden: "Sieh jene Kraniche ...") parodierend, lassen Kades Gedichte - und in den Gedichten die Wort- und Buchstaben-Zaubereien - den Leser:innen sich in scheinbar vertrautem Sprachgelände verlaufen. und eröffnen ihnen zugleich neue, überraschende Einblicke in die Sprache, in (zwischen-)menschliche Befindlichkeiten, die Zustände der Welt - witzig, oft ironisch, sarkastisch, gelegnetlich boshaft und immer grundiert mit Kadescher Melancholie, schwarzem Humor, einem leisen Ton der Verzweiflung: "Der lange Marsch beginnt durch / die Institution gewordene Angst, / eine Reise um den Tod / in nicht mal achtzig Jahren."
Thomas Kade, geboren 1955 in Halle (DDR), 1961 ins Ruhrgebiet, lebt seit 1980 in Dortmund als Kulturpädagoge bei der Volkshochschule (88/89), beim Verein für Literatur (90/92 Projektleitung der Europäischen Literaturtage), Pressereferent bei einem Wissenschaftsverein im Technologiezentrum (93/95), Projektleiter der Dortmunder Lyrikwochen (88, 90, 96 und 98) und des Literaturfestivals LesArt (2000), Buchhändler, Sozialpädagoge (beim Multikulturellen Forum Lünen) und Autor.